Die KLJB Regensburg ist im Bistum Regensburg der größte Jugendverband auf dem Land. Sie belebt mit ihren Kreisen, ArGe’s und Ortsgruppen Dörfer, Weiler und Märkte. Sie setzt sich ein für lebenswerte ländliche Räume und dafür, dass Jugendliche in ihren Dörfern bleiben können.
Die Diözese Regensburg besteht aber nicht nur aus ländlichen Räumen, sondern weist auch viele periphere Regionen auf, die sich vor allem entlang der tschechischen Grenze finden. In diesen Regionen haben es Jugendliche schwer, sich ein Leben aufzubauen, eine Ausbildung zu finden und von gleichwertigen Verhältnissen, wie sie in ganz Bayern gegeben sein sollten, zu profitieren. Jugendliche brauchen gewisse Voraussetzungen, auch in peripheren Regionen, um in ihrer Heimat bleiben zu können und in deren Fortbestand investieren zu können. Deswegen fordern wir einige Grundvoraussetzungen für das Leben in peripheren Regionen.
Zuerst soll aber eine Definition peripherer Räume erfolgen:
Periphere ländliche Räume kennzeichnet eine Lage fernab von Zentren und eine fehlende Infrastruktur. Darunter leidet auch die Wirtschaft und junge Menschen wandern ab.
Junge Menschen, die in peripheren Regionen wohnen, sehen jedoch auch das Gute in diesen. Sie fühlen sich diesen Räumen verbunden und setzen sich für deren Gestaltung ein. Denn auch diese Räume weisen Stärken auf. Sie bieten gesündere Lebensbedingungen, intakte und lebendige Dorfgemeinschaften und ein besseres Freizeitangebot in der Natur. Außerdem gibt es dort niedrigere Bodenpreise und Mieten. Periphere Räume besitzen im Gegensatz zu städtischen Räumen noch größeren Spielraum, um sich weiter zu entwickeln und so neue Wege zu beschreiten, damit auch Menschen, besonders aber Jugendlichen, dort ein guter Lebensstandard ermöglicht wird, ohne dass diese die Heimat verlassen müssen.
Entwicklungspotentiale
… in der Wirtschaft
Das Bistum Regensburg verzeichnet seit mehreren Jahren eine abnehmende Bevölkerungsdichte bei einer gleichzeitig alternden Gesellschaft, was einen demographischen Wandel zur Folge hat. Vor allem die Abwanderung junger Menschen aus peripheren Regionen in die Städte schlägt sich auch auf die Wirtschaftskraft der Region nieder. Darunter leiden vor allem periphere Regionen, da gut ausgebildete junge Arbeitskräfte aus diesen verschwinden und auf Grund fehlender Arbeitsplätze in der Heimat auch dorthin nicht mehr zurückkehren. All dies führt zu einer geringen Wirtschaftstätigkeit.
Deshalb muss gehandelt werden:
Vor allem klein- und mittelständische Unternehmen bieten Chancen für periphere Regionen. Dagegen sind große Firmen nur bedingt für periphere Regionen geeignet, denn oft fehlen diesen Standortvoraussetzungen, um dort konkurrenzfähig wirtschaften zu können.
Wir fordern deshalb:
- Den Erhalt und Ausbau des Straßen- und Schienennetzes, um klein- und mittelständischen Unternehmen gute Standortvoraussetzungen zu bieten.
- Den Ausbau von Telefon- und Internetverbindungen auf dem neuesten Stand der Technik, denn für Unternehmen wird es immer wichtiger, große Datenmengen schnell verarbeiten zu können.
- Eine regionale Koordinierungsstelle zwischen den Kommunen, die die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinden und Regionen analysiert und Wege aufzeigt, um das vorhandene Potential vollständig ausschöpfen zu können.
- Ein aktives Zugehen bei öffentlichen Aufträgen auf regional ansässige Unternehmen durch kommunale und kirchliche Einrichtungen.
- Die Schaffung von Räumen und Möglichkeiten für Unternehmensgründungen, damit sich neue und junge Firmen auch vor Ort ansiedeln können.
- Eine finanzielle und beratende Förderung bei Unternehmensgründungen sowie von kleinen mittelständischen Betrieben, um diese in peripheren Regionen überlebensfähig zu machen.
- Eine starke Profilierung traditioneller Arbeitsbranchen (wie Glasbläserei, Porzellanherstellung etc.), um Traditionen zu erhalten und gleichzeitig neue Arbeits- und Ausbildungsplätze über regionale Wirtschaft zu schaffen.
Periphere ländliche Räume im Bistum Regensburg haben eine Kultur- und Naturlandschaft, die für Urlaube und Wandern attraktive Ziele darstellen. Deshalb kann der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sein. Die Entwicklung der Tourismuswirtschaft gestaltet sich durch die hohe Konkurrenz aber immer schwieriger. Vor allem kleine Betriebe haben mit nicht mehr zeitgemäßen Angeboten schlechte Karten.
Wir fordern deshalb:
- Kommunales Marketing, um gezielt den eigenen Standort und den damit verbunden Tourismus positiv darstellen zu können.
- Gezielte Imagekampagnen mit Herausstellung der Besonderheiten der jeweiligen Regionen.
- Die Einführung von Regionalmarken zur Förderung der zwischengemeindlichen Zusammenarbeit.
- Die Unterstützung der Modernisierung touristischer Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe und die Berücksichtigung des Einsatzes von Möglichkeiten der IT und EDV für die Buchung.
- Die Gründung von regionalen Schutzgebieten sowie eine schonende Nutzung dieser, um sie als attraktives Urlaubsziel und Lebensraum zu erhalten.
… in der Infrastruktur
Festzustellen ist, dass die Zahl der älteren und nicht mehr mobilen Bevölkerung zunimmt. Aber auch die junge Bevölkerung hat Bedarf und Anspruch auf Mobilität. Ein fehlender ÖPNV (öffentlicher Personennahverkehr) führt zu Problemen bei der Fortbewegung in ländlichen Räumen. Man kann sich so weder auf dem Land, noch zur nächsten Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen.
Wir fordern deshalb:
- Flexiblere ÖPNV- Angebote (z. B. Rufbusse, Anrufsammeltaxi, Bürgerbus, Car-Sharing, Plattformen für Mitfahrgelegenheiten) in Ergänzung zum klassischen Linienverkehr.
- Eine bessere Taktung und Abstimmung von öffentlichem Nahverkehr auf Straße und Schiene.
- Unterstützung für die Fortbewegung auf Rädern, z.B. durch sicher ausgebaute Radwege, um die Unabhängigkeit der Jugendlichen vom Fahrdienst der Eltern oder vom nicht vorhandenen ÖPNV zu fördern.
Des Weiteren gilt es auch, Lösungen für die Bereitstellung von Trinkwasser, Abfallentsorgung und Energieversorgung zu finden. Durch fehlende Auslastung können Kommunen diese Infrastruktur selbst nicht mehr finanzieren und demnach auch nicht tragen.
Wir fordern deshalb:
- Eine interkommunale Zusammenarbeit, um diese Infrastrukturen effizienter, ökologischer und wirtschaftlicher auszulasten.
- Eine dezentrale Energieversorgung durch erneuerbare Energien, deren Gewinnung und Nutzung vor allem in peripheren Regionen möglich ist.
… in der Daseinsvorsorge
Die Daseinsvorsorge umfasst Leistungen wie Müllabfuhr, Trinkwasserversorgung aber auch die Bereitstellung von Einkaufsmöglichkeiten und medizinischer Versorgung. Diese Leistungen werden in peripheren Regionen von immer weniger Menschen in Anspruch genommen und so immer mehr abgebaut. Um jedoch die Attraktivität der peripheren Regionen damit nicht noch weiter herabzusetzen, braucht es innovative Konzepte, um gegen den Abbau dieser Einrichtungen anzukämpfen.
Wir fordern deshalb im medizinischen Bereich:
- Eine ambulante Versorgung mit Hausärzten durch mobile Tätigkeit und Zweitniederlassungen in dünn besiedelten Gebieten, sowie einen damit verbundenen möglichst geringen Bürokratieaufwand.
- Ein Umdenken in der Gesundheitsvorsorge: Kommunen sollten bei Praxisschließungen und fehlenden hausärztlichen Angeboten die Gründung von kommunalen Gesundheitszentren anstreben, in denen Ärztinnen und Ärzte stunden- oder tageweise praktizieren können.
- Zusammenarbeit über Kommunen hinweg, um eine fachärztliche Versorgung gewährleisten zu können.
- Kommunale und grenzübergreifende Zusammenarbeit bei Krankenhäusern: Um eine Schließung von Kreiskrankenhäusern zu verhindern, kann die Spezialisierung von Krankenhäusern deren Erhalt sichern.
- Den Erhalt von heimatnahen Geburtsstationen, der durch den Einsatz von mobilen Kinderärztinnen oder Kinderärzten sowie freiberuflichen Hebammen gewährleistet werden kann, einhergehend mit einer Förderung des Hebammenberufes.
Bezüglich der Nahversorgung befürworten wir:
- Die Einrichtung von mobilen Versorgungssystemen (z. B. mobile Bank- und Postfilialen) sowie den Ausbau von Online-Diensten und telefonischer Beratung von Behörden.
- Eine Förderung von Nachbarschaftsläden und Nahversorgerzentren, die auf der Zusammenarbeit von Grundversorgern (Lebensmittelhandel, Bäckerei, Metzgerei etc.) und bürgerschaftlichem Engagement basieren.
- Innovative Geschäftsmodelle wie Shop-Sharing.
Auch für das Zusammenleben aller Generationen setzen wir uns ein. Dafür braucht es:
- Eine verstärkte Förderung von betreutem Wohnen zu Hause, nicht nur durch finanzielle, sondern vor allem personelle Unterstützung von Angehörigen durch Nachbarschaftshilfen und durch Fachstellen für Beratung.
- Die Einrichtung von kommunalen Pflegediensten, um eine flächendeckende Pflege zu angemessenen Preisen sicher zu stellen.
- Ein Umdenken in der Ortsentwicklung: größere Wohneinheiten zum Mehr-Generationen-Wohnen sollen in der Zukunft im Fokus stehen. Vor allem Leerstände und Brachflächen sollen innerörtlich für diese Entwicklung und auch zur Schaffung jugendgerechten Wohnraums genutzt werden.
- Eine Stärkung der kommunalen Jugendhilfe, die die Lebenssituation junger Menschen in den Blick nimmt, deren Lebensverhältnisse und Partizipationsmöglichkeiten (z.B. durch Schulung der Jugendbeauftragten) verbessert.
… in der Ausbildung
Um vor Ort als Jugendlicher Zukunft zu haben, müssen auch Schulen vorhanden sein. Viele davon sind von Schließungen bedroht, wodurch sich Schulwege erheblich verlängern.
Wir fordern deshalb:
- Eine wohnortnahe Grundversorgung durch Grund- und Mittelschulen mit jahrgangsgemischten Klassen und kleinen Klassenstärken.
- Eine adäquate Ausstattung der Schulen unabhängig der Schülerzahl.
- Die Schulwegkostenfreiheit für Schülerinnen und Schüler aller Schularten aus peripheren Regionen.
Durch den steigenden Druck, höhere Berufsabschlüsse zu erreichen, werden vor Ort nicht mehr genug Lehrberufe ausgebildet. Dadurch werden auch immer mehr Berufsschulen zusammengelegt. Trotzdem steigt der Bedarf an Facharbeitskräften in nahezu jeder Branche.
Wir fordern deshalb:
- Die Einbindung von ortsansässigen Unternehmen in die frühzeitige Berufsorientierung, sodass sich Schulabsolventinnen und -absolventen über Ausbildungs- und Erwerbsperspektiven vor Ort im Klaren sind.
- Den Ausbau von Kontakten der berufsbildenden Schulen in Grenzregionen mit denen der Nachbarstaaten.
- Erhöhte Bemühungen der Kammern (HWK, IHK) und Innungen, Lehrberufe für junge Menschen noch attraktiver zu machen und die Durchführung der Ausbildung in peripheren Regionen zu sichern sowie die bestehenden Bildungszentren zu erhalten.
Auch regionale Hochschulen fördern die Entwicklung einer Region. Sie lehren die Fachkräfte von morgen und stehen Unternehmen als Kooperationspartner für Forschung und Entwicklung zur Seite. Durch sie können junge Menschen einem Studium nachgehen ohne ihre Heimatregionen zu verlassen, doch nach Abschluss dieser Ausbildung stellt sich die Problemstellung erneut in der Form einen zur Ausbildung passenden Arbeitsplatz finden.
Wir fordern deshalb:
- Bessere Erwerbsperspektiven für Akademikerinnen und Akademiker in ländlichen Räumen zusätzlich zum Ausbau der regionalen Hochschulen.
- Die Zusammenarbeit von Kommunen mit Studierenden vor Ort im Zuge von Abschluss- und Forschungsarbeiten, um sie an die Gemeinde zu binden.
… im gesamten Image
Zur Verwirklichung von vielen dieser Forderungen muss die regionale Identität der Menschen in peripheren Räumen gestärkt werden. Durch ein starkes Wir-Gefühl können Personen an den Raum gebunden werden und so an der Bildung eines attraktiven Images mitwirken. Die positive Darstellung nach außen trägt wiederum zu einer Steigerung des Bekanntheits- und Attraktivitätsgrades einer Region bei. So wird der Negativspirale, die in manchen Regionen zu entstehen droht, entgegengewirkt und aktiv entgegengearbeitet.
Ein starkes Wir-Gefühl innerhalb der Bevölkerung entsteht vor allem durch ein intaktes Verbands- und Vereinsleben. Neben der Pflege von Brauchtum und Tradition äußern Vereine direkte Ansprüche (beispielsweise bezüglich der Infrastruktur oder der finanziellen Ausstattung) an ihre Heimat, um diese zukunftsfähig gestalten zu können. Des Weiteren bereichern sie das Dorfleben in kultureller, sozialer und politischer Weise. Ein intaktes Verbands- und Vereinsleben, welches stets auf ehrenamtlichem Engagement basiert, wird heutzutage oftmals mit diversen Problemen und Herausforderungen konfrontiert.
Die KLJB als kirchlicher Jugendverband im Bistum Regensburg ist sowohl sozial, als auch kulturell und politisch aktiv und engagiert sich im ländlichen, wie im peripheren ländlichen Raum für den Erhalt christlicher Werte und die Weiterentwicklung demokratischer Partizipationsmöglichkeiten.
Deshalb fordern wir zur Vermeidung von Problemen für das ehrenamtliche Engagement:
- Den Abbau von bürokratischen Hürden und Barrieren für Veranstaltungen, wie übertriebenen Kontrollen und Abgaben bei kleinen, gemeinnützigen Festen.
- Die Zusammenarbeit aller Verbände und Vereine anstelle von Konkurrenzdenken, sodass ein gegenseitiges Abwerben von Mitgliedern verhindert wird und Kräfte optimal gebündelt werden.
- Das Bewerben und Kooperieren von ehrenamtlichen Aktivitäten mit Schule und Arbeit (z. B. Vereinsmessen) sowie die Schaffung zeitlicher Freiräume, Ehrenämter ausüben zu können.
- Die aktive Unterstützung von Verbänden und Vereinen durch politisch Verantwortliche und Entscheidungstragende eines Ortes oder einer Region.
- Die Unterstützung von Verbänden und Vereinen durch Fördergelder (u. a. für die Einrichtung und den Erhalt von Jugendräumen) sowie die Bereitstellung kirchlicher und kommunaler Räumlichkeiten, die gerade auch für Jugendliche und die selbstorganisierte Freizeitgestaltung der Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden.
- Das Einschließen aller Generationen und Bevölkerungsgruppen, um so ein möglichst breites Spektrum einer Dorfgemeinschaft abzubilden.
- Eine Weitergabe von traditionellem Wissen und Brauchtum sowie das Vorleben von kulturellen und regionsspezifischen Gepflogenheiten.
Stärkung peripherer Regionen – jugendliches Engagement ist gefragt
Ein Großteil dieser Forderungen richtet sich an Entscheidungstragende der Wirtschaft und der Politik. Um periphere Regionen langfristig stützen und stärken zu können, gilt es unsererseits, diese Forderungen stets aktuell zu halten und den Stand ihrer Umsetzung konsequent zu verfolgen. Die KLJB sieht es zudem als Selbstverständnis an, sich aktiv in die Mitgestaltung unserer Lebensräume einzubringen. Dies kann neben der KLJB in anderen Vereinen, in politischen Gruppierungen und generell im sozialen Miteinander geschehen, sodass auch wir zum Entscheidungsträger und wichtigen Berater in Fragen ländlicher und peripherer Regionen werden.